Leben mit EGPA
Wegbegleiter bei EGPA
So können Angehörige Patienten mit eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis unterstützen
Niemand möchte zusehen, wenn es geliebten Menschen schlecht geht. Man möchte helfen; alles richtig machen. Und doch scheint Zusehen oft das Einzige zu sein, was man tun kann. Es fehlen die medizinischen Kenntnisse, die praktischen Lösungen und manchmal sogar die richtigen Worte. Hilflosigkeit und Überforderung können eine nachvollziehbare Folge sein. Doch es gibt einiges, was Freunde und Angehörige tun können! Hier finden sie praktische Tipps, wie sie EGPA-Erkrankte unterstützen können.
Angehörige können Erkrankten die EGPA nicht abnehmen – aber sie können sie auf ihrem Weg mit der Erkrankung begleiten.
Leben mit EGPA verstehen
Ein erster wichtiger Schritt als begleitende Angehörige ist es, sich mit der Erkrankung und ihren Folgen auseinander zu setzen. Eine chronische Erkrankung wie EGPA fordert viel Verständnis – auch für das persönliche Umfeld. Was bedeutet es, mit EGPA zu leben?
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) ist eine chronische Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem aus dem Gleichgewicht geraten ist. In der Folge können Entzündungen der Blutgefäße mit unterschiedlichen Symptomen entstehen. Unter anderem sind die Lunge, die Haut oder das Herz betroffen. Auch allgemeines Unwohlsein, Müdigkeit oder Erschöpfung können auftreten. Insbesondere vor der Behandlung fühlen sich Patienten und Patientinnen oft stark in ihrem Alltag und ihrer Arbeit eingeschränkt und leiden sowohl körperlich als auch psychisch unter der Erkrankung. Zudem verläuft die EGPA in Schüben, was die Auswirkungen weniger absehbar macht.
Die EGPA kann das Leben auf den Kopf stellen. Das wirkt sich auch auf das Umfeld der erkrankten Person aus. Möglicherweise sind gemeinsame Unternehmungen durch die Krankheitslast oder vermehrte Arzttermine schlechter planbar, Erkrankte brauchen mehr Unterstützung im Haushalt oder berufliche Einschränkungen wirken sich auch finanziell aus. Trotz allem gilt:
Ein gutes Leben mit EGPA ist möglich – für die Erkrankten und deren Angehörige.
Angehörige können sich u. a. auf dieser Webseite über die Erkrankung informieren. So können sie mögliche Auswirkungen der Erkrankung besser einschätzen und sich auf neue Herausforderungen vorbereiten. Auch Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen können eine hilfreiche Informationsquelle sein und praktische Unterstützung bieten.
Kommunikation
Das Leben mit einer chronischen Erkrankung ist nicht immer leicht. Darüber darf und sollte man auch offen sprechen. Sowohl Angehörigen als auch Erkrankten kann es gut tun zu hören: „Du musst nicht immer stark sein. Du darfst sagen, wenn es dir nicht gut geht.“
Diese offene Kommunikation geht im Alltagsstress viel zu häufig verloren. Spontane Unterhaltungen nebenbei werden dann ohne zufriedenstellende Lösung abgebrochen oder vertagt. Im schlimmsten Fall entstehen Missverständnisse oder sogar Streit. Diese Tipps können Angehörigen und Erkrankten helfen, die Kommunikation zu verbessern:
Einladung
Versuche, deinen Gesprächspartner nicht zu überrumpeln. Lade dein Gegenüber vorab aktiv zum Gespräch ein. Beispiel: „Können wir nach dem Essen einmal über die Arzttermine sprechen?“
Zeit
Wichtige Themen können nicht in wenigen Sätzen abgehandelt werden. Plane genügend Zeit ein, um alle Aspekte besprechen zu können.
Umgebung
Privates möchte man ungern an einer Bushaltestelle besprechen. Wähle eine entspannte, private Umgebung, in der sich beide Gesprächspartner wohl fühlen und frei reden können.
Ängste & Sorgen ansprechen
Unangenehme Themen sind besonders schwer anzusprechen. Doch sie sind wichtig!
Lösungen
Du möchtest mit dem Gespräch Lösungen für konkrete Probleme finden? Dann kann es helfen, dir schon vorab Gedanken zu machen und Vorschläge in das Gespräch mitzubringen. Beispiel: „Mir würde es helfen, wenn…“
Nachfragen
Die Unterhaltung sollte auf Augenhöhe stattfinden, an der beide Gesprächspartner aktiv teilnehmen. Offene Fragen können dazu beitragen, Perspektiven auszutauschen und gleichzeitig Interesse zu signalisieren. Beispiel: „Wie ist das für dich? Was würde dir in dieser Situation helfen?“
Gut zuhören
Die erkrankte Person kennt ihre Situation meist am besten, genauso wie die Angehörigen ihre eigene Rolle. Vertraue der Selbsteinschätzung deines Gegenübers und nimm seine Sorgen und Ängste ernst. Auch hier kann es helfen, nachzufragen. Beispiel: „Verstehe ich dich richtig?“
Tipps und Ratschläge
Meist gut gemeint, können sie trotzdem manchmal überwältigen. Halte dich mit Tipps und Ratschlägen möglichst zurück. Warte, bis dein Gegenüber aktiv um deinen Rat bittet. Die Entscheidung zum Umgang mit der Erkrankung und deren Behandlung trifft am Ende immer die erkrankte Person.
Ergebnisse festhalten
Heute schon vergessen, was gestern besprochen wurde? So geht es vielen. Halte wichtige Ergebnisse und Entscheidungen am besten nach dem Gespräch noch einmal fest.
Externe Hilfe
Betroffene können nicht für alle Herausfordernden selbst eine Lösung finden. Das müssen sie auch nicht. Es gibt verschiede Ansprechpartner, die Betroffene unterstützen können – ob behandelnde Ärzten, Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen. Im Gespräch z. B. mit Angehörigen oder Freunden kann festgestellt werden, bei welchen Themen man externe Hilfe zu Rate ziehen möchte. Beispiel: „Diese Frage können wir zum nächsten Arzttermin mitbringen.“ / „Es gibt die Selbsthilfegruppe XY, vielleicht kann sie uns unterstützen?"
Wichtig
Beide Gesprächspartner müssen für die Unterhaltung bereit und offen sein. Nicht alle Themen können zu jeder Zeit besprochen werden. Es kommt auf die Situation an. Zum Beispiel möchten Erkrankte nicht ständig an die Krankheitslast und die vermeintliche „Bürde“ für die Angehörigen erinnert werden. Hier können auch manchmal Dritte helfen, zu vermitteln oder ein Gespräch anzuregen. Dies können private Personen sein, wie Freunde oder Verwandte, oder auch professionelle Personen und Einrichtungen, wie Ärzte Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen.
Praktische Unterstützung
Was Betroffenen in der konkreten Situation hilft, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Oft reicht als erster Ansatz eine einfache Frage wie „Wo brauchst du meine Hilfe?“ Grundsätzlich können Angehörige bei folgenden Aufgaben ihre Unterstützung anbieten:
- Planung von (Arzt-)Terminen
- Begleitung oder Fahrt zu Arztterminen
- (Mehr) Unterstützung im Haushalt
- Ernährungsumstellung in den Kochplan integrieren
- Bei Bedarf Unterstützung bei der Körperpflege, z. B. bei schweren rheumatischen Symptomen
- Unterstützung bei der Beantragung und Organisation von Sozialleistungen
Zu viel Fürsorge kann erdrücken. Sei nicht böse, wenn die erkrankte Person auch etwas Freiraum braucht. Vertraue auf die Selbsteinschätzung der erkrankten Person und respektiere ihre Grenzen. Neben all der organisatorischen Planung sollten auch die schönen Dinge nicht vernachlässigt werden. Erkrankte und Angehörige können schöne gemeinsame Unternehmungen planen, auf die man sich freuen kann und die den aktuellen Einschränkungen gerecht werden.
Tipp
Bleibt flexibel. Nicht immer lässt die Symptomlast es zu, die geplanten Termine wahrzunehmen. Auch hier ist Verständnis ein wichtiger Faktor, um Frustration vorzubeugen.
Psychische Unterstützung
EGPA-Erkrankte müssen sich an Einschränkungen gewöhnen, ihren Alltag umstrukturieren und viele neue Herausforderungen bewältigen. Das ist eine immense Leistung! Doch sie kann auch einmal zu viel werden. Physischer Schmerz, Zukunftssorgen, Stress und die eigenen Ansprüche können eine hohe psychische Belastung sein.
Da verwundert es nicht, dass das Risiko für eine Depression bei Menschen mit körperlicher Erkrankung fast doppelt so hoch ist wie bei körperlich gesunden Menschen.1 Die Warnzeichen für psychische Erkrankungen sind jedoch vielseitig und oft schwer zu erkennen. Noch schwieriger wird es, wenn Betroffene sich zurückziehen; sei es aus Scham oder aus dem Wunsch, Angehörige nicht zusätzlich zu belasten.
Gerade bei EGPA ist es schwer zuzuordnen, ob beispielsweise die Erschöpfung von der EGPA selbst kommt oder auf eine psychische Erschöpfung hinweisen könnte. Umso wichtiger ist es, hier möglichst früh das Gespräch zu suchen und den behandelnden Arzt zu Rate zu ziehen.
Erste Hilfe bietet auch das Seelentelefon des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.
Denke auch an dich
Für viele Freunde und Verwandte hat das Wohl der Erkrankten oberste Priorität. Zwischen Terminen, täglicher Hilfe und Aufgaben verschiedenster Art gehen die Bedürfnisse der Angehörigen schnell unter. So leiden laut einer Studie aus dem Jahr 2018 nach Eigenangaben mehr als 4 von 10 pflegenden Angehörigen unter Rücken- oder Gelenkschmerzen.2 Daher es ist wichtig, auch auf die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu achten. Angehörige sollten auch Zeit für Dinge einplanen, die ihnen guttun und aus denen sie Kraft schöpfen können. Sei es für einen Spaziergang, Sport, Treffen mit Freunden oder Hobbies – es ist in Ordnung, sich auch einmal Zeit für sich zu nehmen.
Am besten kannst du helfen, wenn es dir selbst auch gut geht.
Die individuellen Aufgaben Angehöriger sind so facettenreich wie die Erkrankung selbst. Sie reichen von kleinen Alltagshilfen bis hin zur häuslichen Pflege. So können auch die Folgen für die eigene Gesundheit sehr unterschiedlich sein. Nimm dir Zeit, dein eigenes Wohlbefinden zu reflektieren und über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Folgende Beschwerden können auf Überlastung hindeuten:
Körperliche Anzeichen2
- Muskelverspannungen (z. B. Kopf-, Rücken-, Nacken-, Kiefer- oder Schulterschmerzen)
- Hautprobleme
- Anfälligkeit für Infektionen
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- Gewichtsschwankungen
- Magen- und Verdauungsprobleme
- Schlafstörungen
- Müdigkeit
Psychische Anzeichen
- Nervosität, Unruhe oder Reizbarkeit
- Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten
- Antriebs- oder Rastlosigkeit
- Stimmungsschwankungen
- Hilflosigkeit, Niedergeschlagenheit, Einsamkeit, Angst, Wut, Trauer
- übermäßiger Gebrauch von Medikamenten, Tabak, Alkohol und anderen Drogen
Treten diese Beschwerden mehrfach oder über einen langen Zeitraum auf, sollten sie unbedingt mit dem Hausarzt besprochen werden.
Manche Angehörigen fühlen sich möglicherweise, als würden sie die Betroffenen im Stich lassen, wenn sie Aufgaben an Externe abgeben. Doch: Um Hilfe zu bitten ist kein Scheitern! Es ist in Ordnung, sich die eigenen Grenzen einzugestehen und externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ziel ist es, dass sowohl die Erkrankten als auch deren Angehörigen ihre Lebensqualität aufrechterhalten können.
Hier findest du Hilfe
Mögliche Unterstützung kann von Fahrdiensten, über eine Sozialberatung bis hin zur Pflegeunterstützung reichen. Erfahre mehr über die verschiedenen Hilfsangebote im Artikel Sozialleistungen.
Laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit wurden in Deutschland im Jahr 2019 etwa 80 Prozent der Pflegebedürftigen von Angehörigen zu Hause gepflegt.2 Du bist damit also nicht allein! Tausche dich mit anderen aus. Erfahre hier mehr über das Selbsthilfe-Angebot für Angehörige:
Referenzen
1. https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/f80fb3f112b4eda48f6c5f3c68d23632a03ba599/DGPPN_Dossier%20web.pdf. Letzter Zugriff am 09.02.2024.
2. https://gesund.bund.de/belastungen-pflegende-angehoerige. Letzter Zugriff am 07.03.2024.
NP-DE-MPL-WCNT-240026, März24